
Ist der Text oben zu klein? Nachfolgend der gleiche Text, etwas grösser:
Es leben die Pendenzen!
Felix findet es zum Schiessen, zum Trashen, zum Spülen! Pendenzen! Sie begleiten ihn den ganzen Tag. Am Arbeitsplatz sind sie genauso da, wie zu Hause. Wird er sie jemals los, diese Bürde seines Lebens? Es gibt durchaus 'glückliche' Zeiten im Leben von Felix. Das ist dann, wenn er mehr Pendenzen zu erledigen vermag, als dass neue dazu kommen. Doch meistens verhält es sich umgekehrt! Es kommen mehr neue Pendenzen dazu, als dass Felix bewältigen kann. Er hat schon Zeitmanagement ausprobiert, hat Prioritäten festgelegt, Freiräume eingeplant und Ziele gesetzt. Ziele sind ja nicht Pendenzen, sondern Dinge, die Felix erreichen WILL. Pendenzen hingegen sind Dinge, die er erledigen MUSS. Pendenzen kann er sich nicht setzen, die kommen von selber: von seinem Chef, von der Partnerin, von den Kindern, von den Eltern, vom Verein, von der Partei und so weiter und so fort.
'Sind denn Pendenzen der Sinn, Inhalt und Zweck des Lebens?', fragt sich Felix niedergeschlagen.
Er versucht, das Ganze mal von Anfang an aufzurollen: 'Bei der Zeugung entsteht die erste 'Pendenz' für das neue Leben im Schoss der Mutter, nämlich auf die Welt zu kommen, und zwar möglichst gesund, hübsch und intelligent. Ist das erledigt, folgt die nächste 'Pendenz': Nahrungssuche. Schreien bis das Mutterherz erweicht ist. Ist man satt, stehen die nächsten 'Pendenzen' an: schlafen, Windeln füllen, krabbeln, laufen und vieles mehr. Hat man das geschafft, die nächsten 'Pendenzen': Schule, Aufgaben, Tests, Berufsausbildung. Hat man das hinter sich, die nächsten 'Pendenzen': sich verlieben, heiraten, Kinder kriegen. Und die nächsten 'Pendenzen': Karriere, Kinder erziehen, Haus bauen, oft fällt eine Scheidung an, neu verlieben, vielleicht wieder heiraten, vielleicht wieder Nachwuchs. Weitere 'Pendenzen' folgen: Ruhestand, Krankheit bewältigen, Gebrechen erdulden, Exit planen oder den Schöpfer bestimmen lassen. Das sind die grossen 'Pendenzen' des Lebens', kommt Felix zum Schluss. Und darin verpackt findet er Tausende, ja Abertausende kleinere 'Pendenzen', die ihn durch den Alltag jagen. Oft kann er nicht mehr, ist ausgepowert, botox-reif, depro-down und amok-gefährdet.
'Wenn es eine Hölle gibt, dann muss sie voller Pendenzen sein', sinniert Felix. 'Dann müsste dafür der Himmel frei von Pendenzen sein.' In der Bibel konnte er bisher nirgends nachlesen, dass der Glaube ihn von der Last der Pendenzen befreien würde. Was er nachlesen konnte, ist, dass er zum Schöpfer kommen kann, wenn er ausgepowert ist, und dass dieser ihm Ruhe gibt – das könnte er echt gebrauchen! Nur, die Pendenzen, die sind noch immer da!
Irgendwo las Felix auch, dass es ihm zuerst um Gottes Reich und um dessen Gerechtigkeit gehen solle, dann würde ihm alles andere dazu gegeben. 'Könnte es sein, dass man die Pendenzen gar nicht erledigen MUSS?', überlegt sich Felix. 'Rückt einem etwa der Blick auf den Schöpfer die Sicht der Dinge zurecht? Könnte es sein, dass die 'Pendenzen' des Lebens im Grunde gar keine Pendenzen sind, sondern Geschenke?'
Dann fragt sich Felix, ob es so sein könnte:
'Die Pendenzen am Arbeitsplatz fordern mich heraus, um mir zu helfen, kompetenter, flexibler, belastbarer und gelassener zu werden.'
Oder vielleicht so:
'Wenn ich mit meiner Partnerin durch die Höhen und Tiefen der Beziehung gehe, befähigt mich dies zu einer Liebe, die tiefer geht als die 'Schmetterlinge im Bauch' '.
Oder etwa:
'Die Tausenden von Alltagspendenzen treiben mich fast in den Wahnsinn, damit ich offen dafür werde, auf den zu schauen, der den Sturm besänftigt und mir innere Ruhe schenkt.'
'Na', hofft Felix, 'wenn ich es schaffe, das so zu sehen, dann sind Pendenzen wirklich Geschenke!'
erschienen im 'reformiert' vom September 2011
© Joffrey Benedetto Asta
CH-3237 Brüttelen